Am Potsdamer Platz stehen vor allem Einzelbüros leer. Gesucht werden flexibel gestaltbare Räume. Eine neue Statistik zeigt aber auch sehr begehrte Lagen.

Berlin ist eine wachsende Stadt. In den vergangenen drei Jahren registrierten die Statistiker jährlich zwischen 40.000 und 50.000 zusätzliche Einwohner. Viele Wohnungssuchende machen derzeit die ernüchternde Erfahrung, dass freie Mietwohnungen Mangelware geworden sind. Erstaunlich unbeeindruckt vom Bevölkerungsaufschwung und Wirtschaftswachstum in der Hauptstadt zeigt sich dagegen der Büroimmobilienmarkt.

Obwohl die vielen Neuberliner nicht nur wohnen, sondern auch arbeiten wollen, stehen noch rund eine Million Quadratmeter und damit sechs Prozent der Büroflächen leer. „Das wird auch noch eine Weile so bleiben“, so die Einschätzung von Nicolai Baumann vom Immobiliendienstleiter Engel & Völkers.

„Derzeit ist in Berlin eine ausgesprochen rege Nachfrage auch nach Büros festzustellen“, sagt Nicolai Baumann, der den Berliner Markt aktuell untersucht hat. Dennoch werde selbst für Büroflächen in besten Citylagen mit 22,50 Euro Spitzenmiete pro Quadratmeter heute nur geringfügig mehr bezahlt als in den Vorjahren (22 Euro). Zum Vergleich: In den 90er-Jahren wurden etwa an der Friedrichstraße und am Potsdamer Platz Spitzenmieten bis zu 100 DM verlangt und auch gezahlt.

Aufgrund der Nachfrage habe sich der Leerstand in den vergangenen Jahren zwar abgebaut, führt Baumann weiter aus. So betrug die Leerstandsquote 2006 noch knapp unter zehn Prozent. Dennoch bleibe ein spürbares Absinken der Leerstandsrate ebenso aus wie ein deutlicher Anstieg der Spitzenmiete. Ursache sei der nach der Wende sprunghaft angewachsene Büroflächenbestand. Aktuell verfüge Berlin über rund 18 Millionen Quadratmeter Bürofläche. „Das wirkt bis heute nach“, sagt der Büroimmobilienexperte.

Gerade die in den Boomzeiten Mitte der 90er-Jahre errichteten Immobilien seien zudem heute nur noch schwer zu vermitteln. Dies gelte etwa für den Potsdamer Platz, wo seit dem Auszug mehrerer Großmieter, darunter Daimler oder PriceWaterhouseCoopers (PwC), insgesamt rund 50.000 Quadratmeter Bürofläche auf neue Nutzer warteten. „Auch an der Friedrichstraße sind noch etwa 25.000 Quadratmeter zu haben“, sagt Baumann.

Start-ups suchen kleinere Flächen

Insbesondere junge Start-up-Unternehmen suchten vor allem kleinere Flächen bis 500 Quadratmeter. Die neue Gründerszene bevorzuge jedoch Flächen mit Coolness-Faktor, wie sie etwa ausgebaute Fabriken oder alte Kontorhäuser bieten, bevorzugt in Friedrichshain, Prenzlauer Berg, Neukölln und Kreuzberg. Solche Flächen seien allerdings ebenso knapp wie das Angebot an Neubauflächen.

Klassische Bürohäuser mit Einzelbüros seien nicht mehr zeitgemäß, nicht nur die jungen Kreativen bevorzugten inzwischen flexibel gestaltbare Großräume. Angewiesen sind die jungen Unternehmen vor allem auf günstige Mieten. Die gute Nachricht: Die Durchschnittsbüromiete beträgt laut Baumann fast unverändert 12,50 Euro pro Quadratmeter. In Lichtenberg, Marzahn oder auch Weißensee seien Büroräume aber durchaus auch ab sechs Euro pro Quadratmeter zu bekommen, so der Experte.

In Berlin gibt es bereits Projektentwickler, die sich darauf spezialisiert haben, nicht mehr marktfähige Büroimmobilien zu Wohngebäuden umzubauen. So hat beispielsweise der Berliner Julian Streletzki im ehemaligen Lippenstift-Kombinat auf der Halbinsel Stralau 116 Wohnungen untergebracht. Ähnliches plant jetzt die CG-Gruppe mit dem Postscheck-Hochhaus am Halleschen Tor in Kreuzberg. „Für viele Bürogebäude ist so eine Lösung realistischer, als einen passenden Bürokunden zu finden“, so Baumann.