Abschlussprüfung

Zur Verbesserung der Prüfungsqualität führt die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) eine stichprobenweise Durchsicht der von den prüfungspflichtigen Unternehmen im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahres- und Konzernabschlüsse durch. Basierend auf den dabei getroffenen Feststellungen hat die WPK im Jahr 2018 einen Praxishinweis herausgegeben. Mit dieser Aktualisierung unseres Praxishinweises berücksichtigen wir Änderungen in den zugrunde liegenden Rechnungslegungsnormen für Jahres- und Konzernabschlüsse nach dem Handelsgesetzbuch (HGB).

Eingegangen wird auf die folgenden Bereiche:

  • Einzelangaben des Anhangs,
  • Ausweis von Abzinsungs- und Fremdwährungseffekten,
  • Prognoseberichterstattung im Lagebericht,
  • Kapitalflussrechnung sowie
  • Steuerüberleitungsrechnung.

Einzelangaben des Anhangs

Altersvorsorgeverpflichtungen

In einer Reihe von Abschlüssen waren die vorgeschriebenen Angaben zu Altersvorsorgeverpflichtungen nicht oder nur unvollständig enthalten. Dies umfasst folgende Sachverhalte:

  1. Verrechnungen von Vermögensgegenständen und Schulden sowie von Aufwendungen und Erträgen nach § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB,
  2. Ansatz von Pensionsrückstellungen,
  3. Unterschiedsbetrag nach § 253 Abs. 6 HGB beim Ansatz von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen.

Hinweise zu 1.

Im Falle der Verrechnung nach § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB sind die Anschaffungskosten und der beizulegende Zeitwert der verrechneten Vermögensgegenstände, der Erfüllungsbetrag der verrechneten Schulden sowie die verrechneten Aufwendungen und Erträge anzugeben (§§ 285 Nr. 25, 314 Abs. 1 Nr. 17 HGB). Zudem folgt aus dem Verweis auf §§ 285 Nr. 20 a), 314 Abs. 1 Nr. 12 a) HGB, dass, soweit sich der beizulegende Zeitwert des Deckungsvermögens nicht unmittelbar als Preis auf einem aktiven Markt bestimmen lässt, die grundlegenden Annahmen anzuführen sind, die der Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts mit Hilfe anerkannter Bewertungsmethoden zugrunde gelegt wurden (vgl. IDW RS HFA 30 n. F. Tz. 67; Grottel, in: Beck-Bil. Komm., 13. Aufl., § 285 HGB, Rn. 754).

Soweit der beizulegende Zeitwert der verrechneten Vermögensgegenstände, abzüglich der hierfür gebildeten latenten Steuern, deren Anschaffungskosten übersteigt, entsteht in diesem Umfang eine Ausschüttungssperre (§ 268 Abs. 8 Satz 3 HGB). Der ausschüttungsgesperrte Betrag ist ebenfalls im Anhang anzugeben (§ 285 Nr. 28 HGB).

Hinweise zu 2.

Nach §§ 285 Nr. 24, 314 Abs. 1 Nr. 16 HGB sind zu den Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen das angewandte versicherungsmathematische Verfahren sowie die grundlegenden Annahmen der Berechnung, wie Zinssatz, erwartete Lohn- und Gehaltssteigerungen und zugrunde gelegte Sterbetafeln, anzugeben. Zu den anzugebenden Sterbetafeln gehören beispielsweise die „Heubeck Richttafeln 2018 G“.

Angaben zu Pensionsrückstellungen gemäß §§ 285 Nr. 24, 314 Abs. 1 Nr. 16 HGB sind auch dann erforderlich, wenn aufgrund des Saldierungsgebots nach § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB die verrechneten Pensionsrückstellungen in der Bilanz oder Konzernbilanz nicht mehr unter den entsprechenden Bilanzposten ausgewiesen werden. Es handelt sich insoweit um Erläuterungen zum Erfüllungsbetrag vor Saldierung, welcher im Anhang oder Konzernanhang gemäß §§ 285 Nr. 25, 314 Abs. 1 Nr. 17 HGB anzugeben ist (vgl. WP Handbuch 2021, Kap. F, Tz. 1198; Grottel, in: Beck-Bil. Komm., 13. Aufl., § 285 HGB, Rn. 730).

Hinweise zu 3.

Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen sind mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren abzuzinsen (§ 253 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 HGB), ggf. unter der Berücksichtigung des Wahlrechts nach § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betrag der danach angesetzten Rückstellungen und dem (fiktiven) Rückstellungsbetrag, welcher sich bei der Abzinsung mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre ergeben würde, ist in jedem Geschäftsjahr zu ermitteln (§ 253 Abs. 6 Satz 1 HGB) und im Anhang darzustellen (§ 253 Abs. 6 Satz 3 HGB). Zu beachten ist ferner, dass dieser Unterschiedsbetrag im Jahresabschluss einer Ausschüttungssperre unterliegt (§ 253 Abs. 6 Satz 2 HGB).

Durch die Bezugnahme in § 298 Abs. 1 HGB gilt die Angabepflicht zum Unterschiedsbetrag nach § 253 Abs. 6 Satz 3 HGB entsprechend auch für den Konzernabschluss (vgl. IDW RS HFA 30 n. F. Tz. 105).

Ökonomische Sicherungsbeziehungen

Gehen Unternehmen oder Konzerne ökonomische Sicherungsbeziehungen ein, so sind Angaben hierüber im Anhang oder Konzernanhang erforderlich. Im Rahmen der Abschlussdurchsicht wurde festgestellt, dass relativ häufig entsprechende Angaben hierzu nicht oder nur unzureichend vorhanden waren.

Derartige Sicherungsbeziehungen können entweder

  1. unter den Voraussetzungen des § 254 HGB als Bewertungseinheit bilanziell abgebildet oder
  2. als „eigenständige“ Derivate behandelt werden, die als Grundgeschäfte oder Sicherungsinstrumente nicht Gegenstand einer Bewertungseinheit sind.

Hinweise zu 1.

Liegen Bewertungseinheiten vor, so sind hinsichtlich der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden gemäß §§ 284 Abs. 2 Nr. 1, 313 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB Angaben darüber zu machen, wie das Wahlrecht des § 254 HGB zur Bildung von Bewertungseinheiten ausgeübt und welche Methode (Einfrierungs- oder Durchbuchungsmethode) zur bilanziellen Abbildung der wirksamen Teile der Bewertungseinheiten angewandt wurde (vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem BilMoG, Abschnitt H, Rn. 98 f.; IDW RS HFA 35, Tz. 93).

Die Vorschriften der § 285 Nr. 23 HGB und § 314 Abs. 1 Nr. 15 HGB konkretisieren die Erläuterungen zu Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie zur nicht erkennbaren Verknüpfung von Grund- und Sicherungsgeschäft außerhalb der Bilanz. Danach ist anzugeben

  1. mit welchem Betrag jeweils Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte und mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen zur Absicherung welcher Risiken in welche Arten von Bewertungseinheiten einbezogen sind sowie die Höhe der mit Bewertungseinheiten abgesicherten Risiken,
  2. für die jeweils abgesicherten Risiken, warum, in welchem Umfang und für welchen Zeitraum sich die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme künftig voraussichtlich ausgleichen einschließlich der Methode der Effektivitätsermittlung,
  3. eine Erläuterung der mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten Transaktionen, die in Bewertungseinheiten einbezogen wurden.

Gemäß Buchstabe a. ist zunächst der Betrag pro Art des Grundgeschäfts und pro Art des Sicherungsinstruments, also jeweils in bis zu vier Teilbeträge aufgegliedert, anzugeben. Sachgerecht ist es bei Vermögensgegenständen und Schulden deren abgesicherten Buchwert (ggf. also nur den anteiligen Buchwert) und bei schwebenden Geschäften und mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten Transaktionen den abgesicherten kontrahierten bzw. geplanten Umfang des Geschäfts als Betrag anzugeben (vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem BilMoG, Abschnitt O, Rn. 175; Grottel, in Beck-BilKomm., 13. Aufl., § 285 HGB Rn. 705).

Des Weiteren sind nach Buchstabe a) Angaben zu abgesicherten Risiken und zur Art der Bewertungseinheit erforderlich. Zu den anzugebenden Risiken zählen Risikoarten wie Zinsrisiken, Währungsrisiken, Ausfallrisiken oder Preisänderungsrisiken (vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 16/10067, Seite 73; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 16/12407, Seite 88). Als angabepflichtige Arten von Bewertungseinheiten kommen Micro-, Macro- oder Portfolio-Hedges infrage (vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem BilMoG, Abschnitt O, Rn. 181; Grottel, in Beck-BilKomm., 13. Aufl., § 285 HGB Rn. 705).

Die anzugebende Höhe der abgesicherten Risiken ergibt sich aus der unterlassenen Abwertung von Vermögensgegenständen und unterlassenen Höherbewertung von Schulden bzw. der unterlassenen Bildung einer Drohverlustrückstellung (vgl. Grottel, in Beck-BilKomm., 13.  Aufl., § 285 HGB Rn. 708; WP-Handbuch 2021, Kap. F, Tz. 1191).

Nach Buchstabe b. sind für die jeweils abgesicherten Risiken Angaben zu den Gründen, warum die Risiken bei Grundgeschäften und Sicherungsinstrumenten vergleichbar sind, zum Umfang und zum Zeitraum des Ausgleichs der gegenläufigen Wert- oder Zahlungsstromänderungen sowie zur Methode der Ermittlung der Wirksamkeit der Bewertungseinheit zu machen (vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem BilMoG, Abschnitt O, Rn. 184 ff.; Grottel, in Beck-BilKomm., 13. Aufl., § 285 HGB Rn. 710 ff.). Eine in der Praxis häufig angewandte Methode zur Effektivitätsmessung ist beispielsweise die Critical Term Match-Methode, bei der die Übereinstimmung der Bedingungen und Parameter von Grund- und Sicherungsgeschäft ermittelt wird (zu einer Übersicht über mögliche Methoden vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzmodernisierungsgesetz, Rn. H 64 ff.)

Soweit Angaben nach § 285 Nr. 23 HGB und § 314 Abs. 1 Nr. 15 HGB in den Lagebericht oder Konzernlagebericht aufgenommen werden, dürfen sie im Anhang bzw. Konzernanhang unterbleiben. In diesem Fall ist jedoch ein entsprechender Querverweis im Anhang bzw. Konzernanhang auf die Darstellungen im Lagebericht bzw. Konzernlagebericht notwendig (vgl. IDW RS HFA 35, Tz. 100).

Hinweise zu 2.

In Bezug auf nicht zum beizulegenden Zeitwert bilanzierte derivative Finanzinstrumente, die nicht in Bewertungseinheiten im Sinne von § 254 HGB einbezogen werden, sind die Angaben nach §§ 285 Nr. 19, 314 Abs. 1 Nr. 11 HGB zu machen. Danach ist für jede Kategorie nicht zum beizulegenden Zeitwert bilanzierter derivativer Finanzinstrumente anzugeben:

  1. deren Art und Umfang,
  2. deren beizulegender Zeitwert, soweit er sich nach § 255 Abs. 4 HGB verlässlich ermitteln lässt, unter Angabe der angewandten Bewertungsmethode,
  3. deren Buchwert und der Bilanzposten, in welchem der Buchwert, soweit vorhanden, erfasst ist, sowie
  4. die Gründe dafür, warum der beizulegende Zeitwert nicht bestimmt werden kann.

Grundsätzlich sind Derivate nicht zum beizulegenden Zeitwert (§ 255 Abs. 4 HGB), sondern imparitätisch nach dem Anschaffungskostenprinzip zu bewerten. Wie oben beschrieben, ergeben sich Ausnahmen hiervon, wenn Derivate bei Einbeziehung in Bewertungseinheiten nach der sog. Durchbuchungsmethode, unter Berücksichtigung der sich ausgleichenden Wertänderungen aus dem abgesicherten Risiko sowohl des Grundgeschäfts als auch des Sicherungsinstruments, bilanziert werden, oder als Deckungsvermögen zum beizulegenden Zeitwert nach § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB bewertet werden (vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem BilMoG, Abschnitt O, Rn. 94).

Daneben gibt es auch die Kategorie der zum beizulegenden Zeitwert bewerteten (derivativen) Finanzinstrumente mit den korrespondierenden Angaben nach §§ 285 Nr. 20, 314 Abs. 1 Nr. 14 HGB. Unter diese Angabepflicht fallen ausschließlich Finanzinstrumente, für die sich der Bewertungsmaßstab „beizulegender Zeitwert“ ausdrücklich aus dem HGB ergibt (vgl. IDW RH HFA 1.005, Tz. 36b).

Im Falle drohender Verluste aus nicht zum beizulegenden Zeitwert bilanzierten Derivaten ist eine Drohverlustrückstellung nach § 249 HGB zu bilden. Dabei entspricht der Erfüllungsbetrag, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist, um den aus dem schwebenden Geschäft drohenden Verlust zu antizipieren, grundsätzlich dem negativen beizulegenden Zeitwert des betreffenden derivativen Finanzinstruments am Bilanzstichtag, ggf. abzüglich einer passivierten Optionsprämie (vgl. IDW RS HFA 4, Tz. 44).

Haftungsverhältnisse

Bezüglich der Angabe von Haftungsverhältnissen im Sinne von § 268 Abs. 7 HGB i. V. m. § 251 HGB führte die Abschlussdurchsicht mehrfach zu der Feststellung, dass eine Begründung für die Risikoeinschätzung zu einer etwaigen Inanspruchnahme nicht gegeben oder lediglich erklärt wurde, dass mit einer Inanspruchnahme aus den Haftungsverhältnissen nicht zu rechnen sei.

Hinweise

Im Anhang ist die Einschätzung des Risikos der Inanspruchnahme nach § 285 Nr. 27 HGB zu begründen. Der Sinn und Zweck der Vorschrift liegt darin, die am Abschlussstichtag vertraglich begründeten Risiken in vollem Umfang im Jahresabschluss zu zeigen und die Transparenz des Jahresabschlusses für die Adressaten zu erhöhen (Begr. RegE BilMoG, BT-Drs. 16/10067, Seite 75). Nicht ausreichend ist die bloße Erklärung, dass mit einer Inanspruchnahme des Unternehmens nicht zu rechnen ist. Vielmehr sind die Erwägungen darzustellen, die der Risikoeinschätzung zugrunde liegen. Dabei kann sich die Einschätzung und Beurteilung des Risikos auf vergangene Entwicklungen genauso wie auf eine Prognose möglicher Inanspruchnahmen stützen (vgl. Grottel, in: Beck-Bil. Komm., 13. Aufl., § 285 HGB, Rn. 792). Für den Konzernanhang gilt die entsprechende Anforderung nach § 314 Abs. 1 Nr. 19 HGB.

Ausweis von Abzinsungs- und Fremdwährungseffekten

In einer Reihe von Fällen war festzustellen, dass erfolgswirksame Abzinsungs- und Fremdwährungseffekte in den Abschlüssen nicht ausgewiesen wurden.

Hinweise

Erträge aus der Abzinsung bzw. Aufwendungen aus der Aufzinsung sind in der Gewinn- und Verlustrechnung unter den Posten „Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge" oder „Zinsen und ähnliche Aufwendungen" gesondert auszuweisen (§ 277 Abs. 5 Satz 1 HGB). Der Anforderung an einen gesonderten Ausweis kann entweder durch einen Davon-Vermerk oder einen Vorspaltenausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung oder durch eine Angabe im Anhang Rechnung getragen werden (vgl. IDW RS HFA 34, Tz. 50).

§ 277 Abs. 5 Satz 2 HGB gibt einen gesonderten Ausweis von Erträgen oder Aufwendungen aus der Währungsumrechnung unter den Posten „Sonstige betriebliche Erträge" oder „Sonstige betriebliche Aufwendungen" in der Gewinn- und Verlustrechnung vor. Die Höhe der hier auszuweisenden Beträge bestimmt sich nach § 256a HGB. In den gesonderten Ausweis sind nicht nur die unrealisierten, sondern auch die im Geschäftsjahr realisierten Wechselkursgewinne und -verluste einzubeziehen (vgl. DRS 25, Tz. 36; zur Ausstrahlungswirkung auf den Jahresabschluss vgl. WPK-Magazin 3/2020, S. 40). In diesem Zusammenhang wird empfohlen, die unrealisierten Währungskursgewinne bzw. -verluste aus der Anwendung des § 256a Satz 2 HGB gesondert anzugeben (vgl. DRS 25, Tz. 37).

Neben einem Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung kommt – wie zuvor beschrieben – auch eine Anhangangabe in Betracht.

Prognoseberichterstattung im Lagebericht

Als Ergebnis der durchgesehenen Lageberichte bzw. Konzernlageberichte ist insbesondere eine unzureichende Prognoseberichterstattung zu den bedeutsamsten Leistungsindikatoren eines Unternehmens oder eines Konzerns, einschließlich der Prognosegenauigkeit, hervorzuheben.

Allgemeine Hinweise

Gemäß §§ 289 Abs. 1 Satz 4, 315 Abs. 1 Satz 4 HGB ist im Lagebericht oder im Konzernlagebericht die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern; die zugrunde liegenden Annahmen sind anzugeben. Für den Konzernlagebericht werden die gesetzlichen Anforderungen in DRS 20 konkretisiert. Ob dieser Standard auch Bedeutung für die Prognoseberichterstattung im Lagebericht von Unternehmen hat, ist nicht ganz unstreitig. Für die Berichterstattung mittelgroßer Unternehmen ist dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besonders Rechnung zu tragen (siehe unten).

DRS 20, Tz. 126 verlangt für den Konzernlagebericht, dass im Prognosebericht über Prognosen zu den bedeutsamsten Leistungsindikatoren zu berichten ist. Die Berichterstattung über die bedeutsamsten finanziellen und gegebenenfalls nichtfinanziellen Leistungsindikatoren stellt einen elementaren Bestandteil des Lageberichts dar und sollte sich wie ein „roter Faden“ durch die einzelnen Abschnitte des Lageberichts ziehen (vgl. WP-Handbuch 2021, Kap. F, Tz. 1387). Zur Erfüllung der Anforderungen müssen die Prognosen Aussagen zur erwarteten Veränderung der prognostizierten Leistungsindikatoren gegenüber dem entsprechenden Ist-Wert des Berichtsjahres enthalten und dabei die Richtung und Intensität der Veränderung verdeutlichen (vgl. DRS 20, Tz. 128 bis 130). Zu den relevanten finanziellen Leistungsindikatoren (z. B. Umsatz, Jahresüberschuss, EBITDA, EBIT o. ä.) sind demnach Prognosen zumindest in Form einer qualifiziert-komparativen Prognose abzugeben (z. B. „leicht steigend“). Des Weiteren sind Punkt- oder Intervallprognosen möglich. Nicht zulässig sind hingegen ausschließlich komparative (z. B. „steigend“) oder qualitative (z. B. „zufriedenstellend“) Prognosen (vgl. Grottel, in: Beck-Bil. Komm., 13. Aufl., § 315 HGB, Rn. 187 ff.).

Wenn besondere Umstände dazu führen, dass in Bezug auf die zukünftige Entwicklung aufgrund gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen außergewöhnlich hohe Unsicherheit besteht und daher die Prognosefähigkeit des Unternehmens wesentlich beeinträchtigt ist, sind im Konzernlagebericht komparative Prognosen oder die Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung der verwendeten Leistungsindikatoren in verschiedenen Zukunftsszenarien unter Angabe ihrer jeweiligen Annahmen ausreichend. In diesem Fall sind unter anderem die Auswirkungen dieser besonderen Umstände auf die Prognosefähigkeit darzustellen (vgl. DRS 20, Tz. 133 Satz 2 und Tz. B37). Die Ausbreitung der COVID 19-Pandemie oder die Auswirkungen des Ukrainekrieges dürften eine solche außergewöhnliche Situation für die davon betroffenen Unternehmen begründen.

Verhältnismäßige Anwendung auf Lageberichte mittelgroßer Unternehmen

Auch die Lageberichte von prüfungspflichtigen Unternehmen mit geringem Umfang und/oder geringer Komplexität der Geschäftstätigkeit – dies sind i. d. R. mittelgroße Kapitalgesellschaften i. S. des § 267 Abs. 2 HGB – müssen nach § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB und unabhängig von den Anforderungen des DRS 20 eine aussagekräftige Beurteilung und Erläuterung der von der Geschäftsleitung erwarteten voraussichtlichen Entwicklung des Unternehmens enthalten. Im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind insoweit jedoch nur Mindestanforderungen zu erfüllen.

Dies bedeutet, dass es – neben der Darstellung und Erläuterung der wesentlichen Chancen und Risiken, die die zukünftige Entwicklung des Unternehmens beeinflussen – für ein typisches gewinnorientiertes Industrie- oder Handelsunternehmen mittelständischer Prägung im Regelfall ausreichend ist, zum erwarteten Umsatz oder Rohergebnis (falls nur dieses in der Gewinn- und Verlustrechnung angegeben wird, vgl. § 276 Satz 1 HGB) sowie zum erwarteten Jahresüberschuss/-fehlbetrag oder zum Ergebnis vor Steuern eine hinreichend konkrete Aussage zu treffen. Zahlen müssen dabei nicht genannt werden.

Folgende Kernaussagen zur voraussichtlichen Entwicklung eines wenig komplexen Unternehmens würden diese Mindestanforderungen beispielsweise erfüllen (nach einer zuvor erfolgten Darstellung/Erläuterung der wesentlichen Chancen und Risiken):

„Aufgrund der weiterhin guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der geplanten Maßnahmen zur Kosteneinsparung erwarten wir für das kommende Geschäftsjahr einen gleichbleibend hohen Umsatz und einen deutlichen Anstieg des Ergebnisses (vor Steuern).“

Liegen besondere Umstände wie die COVID 19-Pandemie vor, sind die Auswirkungen dieser besonderen Umstände auf die Prognosefähigkeit darzustellen, um die daraus ggf. resultierende höhere Unsicherheit zu verdeutlichen. Unter diesen Voraussetzungen sind ausnahmsweise Prognosen zulässig, die lediglich komparative Aussagen enthalten, also nur die Richtung und nicht auch die Intensität der Veränderung angeben. Eine entsprechende Formulierung könnte z. B. lauten:

„Bei realistischer Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung unter den negativen Einflüssen der Corona-Pandemie im aktuellen Geschäftsjahr sowie unter Berücksichtigung des Wegfalls eines Industriegroßkunden rechnet die Gesellschaft mit einem verminderten Rohergebnis und erstmals mit einem Jahresfehlbetrag.“

Ein vollständiger Verzicht auf eine Prognoseberichterstattung oder lediglich qualitative Aussagen zur voraussichtlichen Entwicklung (z. B. „zufriedenstellendes“ Ergebnis) sind dagegen auch unter diesen besonderen Umständen nicht ausreichend.

Kapitalflussrechnung

Bei der Abschlussdurchsicht wurde festgestellt, dass die Anforderungen des DRS 21 in den Konzernabschlüssen nicht durchgängig beachtet wurden. Insbesondere bei der Zusammensetzung des Finanzmittelfonds und bei den Darstellungen zu direkt ermittelten Zahlungsströmen in der Kapitalflussrechnung ergaben sich Unklarheiten.

Hinweise

Werden Finanzmitteläquivalente in den Finanzmittelfonds einbezogen, so muss es sich um kurzfristige, äußerst liquide Finanzmittel handeln, die jederzeit in Zahlungsmittel umgewandelt werden können und nur unwesentlichen Wertschwankungen unterliegen. Sie dürfen daher im Erwerbszeitpunkt höchstens eine Restlaufzeit von drei Monaten haben (vgl. DRS 21, Tz. 9).

Nach den Anforderungen von DRS 21, Tz. 34 sind jederzeit fällige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sowie andere kurzfristige Kreditaufnahmen, die zur Disposition der liquiden Mittel gehören, in den Finanzmittelfonds der Kapitalflussrechnung einzubeziehen und offen abzusetzen. Das noch in DRS 2 diesbezüglich bestehende Wahlrecht wurde mit Inkrafttreten des DRS 21 zur Pflicht.

Soweit der Finanzmittelfonds nicht mit dem Bilanzposten des § 266 Abs. 2 B. IV HGB „Schecks, Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten“ übereinstimmt, ist nach DRS 21, Tz. 52b) ergänzend eine rechnerische Überleitung zu den entsprechenden Bilanzposten aufzunehmen.

Bei den Cashflows aus der Investitionstätigkeit sowie aus der Finanzierungstätigkeit sind die einzelnen Einzahlungs- und Auszahlungsposten grundsätzlich unsaldiert auszuweisen (vgl. DRS 21, Tz. 26).

Steuerüberleitungsrechnung

Die Pflicht zur Erstellung einer Steuerüberleitungsrechnung nach den Anforderungen von DRS 18, Tz. 67 wurde mit dem Änderungsstandard des DRSC Nr. 11 (DRÄS 11) aufgehoben. Die Änderung ist erstmals für das nach dem 31. Dezember 2021 beginnende Geschäftsjahr zu beachten. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Die WPK wird es daher nicht mehr aufgreifen, wenn in einem Konzernanhang keine Steuerüberleitungsrechnung enthalten sein sollte.

Stand: 28. Juni 2022