Urheberrecht und Datenschutz Einsatz von ChatGPT: Das müssen Betriebe rechtlich beachten

ChatGPT hat das Potenzial, den Büroalltag von Handwerksunternehmern grundlegend zu erleichtern. So kann der Chatbot beispielsweise Texte für die eigene Website schreiben. Aber wem gehören die Werke einer Künstlichen Intelligenz eigentlich? Und wie steht der Fall, wenn Unternehmer und Mitarbeiter sensible Daten bei ChatGPT preisgeben? Antworten auf rechtliche Fragen rund um die Nutzung im beruflichen Kontext.

Smartphone mit ChatGPT-App auf buntem Hintergrund.
ChatGPT könnte auch im Handwerk die Geschäftskommunikation vereinfachen. Es gibt aber ein paar rechtliche Fallstricke, die Unternehmer beachten sollten. - © Arnav Pratap Singh - stock.adobe.com

Um den Chatbot ChatGPT ist ein medialer Hype entstanden. Die Künstliche Intelligenz (KI) von Microsoft sammelt Texte, Bilder und Musikstücke aus dem Internet und generiert daraus neue Inhalte. Damit kann ChatGPT auch den Büroalltag von Handwerkern erleichtern. Der nützliche Helfer schreibt Angebote, Social Media-Posts, Kündigungsschreiben, Stellenanzeigen, Texte für die Website und vieles mehr.

Doch zwangsläufig kommen bei der Nutzung Fragen auf. Wem gehören die Texte einer KI eigentlich und verstoßen Handwerker gegen das Urheberrecht, wenn sie die Inhalte nutzen? Was ist beim Datenschutz zu beachten?

Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei WBS.LEGAL in Köln gibt Antworten auf Fragen rund um den Einsatz von ChatGPT und anderen KI im Unternehmen.

1. Darf sich ChatGPT einfach an Inhalten aus dem Internet bedienen?

ChatGPT und andere KI funktionieren auf Grundlage von maschinellem Lernen. Dafür werden Texte, Bilder und Musikstücke gesammelt und in gesonderte Trainingsprogramme eingespeist – ohne den Urheber zu fragen. Dieser Vorgang ist zwar eine 'Vervielfältigung', die grundsätzlich nur mit Erlaubnis der Rechteinhaber erlaubt ist, erklärt Solmecke "Allerdings gestattet der neue § 44b Urheberrechtsgesetz mit seiner Vorschrift zum 'Data Mining' Vervielfältigungen für genau solche Zwecke." Der Urheber kann zwar theoretisch einen "maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt" erklären und damit das eigene Werk im Vorfeld vom Data Mining ausschließen, sofern das Data Mining nicht der wissenschaftlichen Forschung dient. "Praktisch macht das aber niemand", weiß der Rechtsanwalt.

2. Verstößt ein Unternehmer gegen das Urheberrecht, wenn er sich von einer KI zum Beispiel einen Text für seine Website schreiben lässt?

"Nach dem Urheberrechtsgesetz ist die Übernahme von Teilen fremder Werke oder deren Umgestaltung grundsätzlich nicht ohne Einwilligung des Urhebers erlaubt", sagt Solmecke. Davon gibt es aber Ausnahmen.

Zum Beispiel ist das fremde Urheberrecht nicht berührt, wenn das neue Werk einen "hinreichenden Abstand" zum benutzten Werk hat. "Bei KI-Werken erkennt die KI ja grundsätzlich nur abstrakte Regeln aus Millionen Bildern, Texten oder Musikstücken. In aller Regel ist das Ergebnis ein völlig eigenes 'Werk' und die Urheberrechte des 'Lernmaterials' werden nicht verletzt", erklärt Solmecke. Das gilt auch, wenn der steuernde Mensch der KI befohlen hat: "Schreibe einen Text/Erstelle ein Bild im Stil von …". Der Stil eines Künstlers ist nicht urheberrechtlich geschützt.

Bestimmte, ganz eigentümliche Merkmale von Werken können allerdings durchaus geschützt sein. Gerade bei Musik kann das der Fall sein, wenn dafür etwa ein 'Sample', also die erkennbare Übernahme weniger Sekunden eines fremden Musikstücks, genutzt wird. Solche Samples können zwar nach der neuen gesetzlichen Erlaubnis der Pastiche (§ 51a UrhG) erlaubt sein. Dies aber nur, wenn sich das neue Werk kreativ mit dem vorbestehenden Werk auseinandersetzt. "Auch, wenn hierzu einiges noch nicht rechtlich geklärt ist, dürfte eines klar sein: Wenn eine KI etwas selbstständig aus Vorlagen kreiert, ist das keine 'kreative Auseinandersetzung' mit dem vorbestehenden Werk – denn hier gibt es überhaupt keinen Menschen, der kreativ wird. Daher dürften solche KI-'Werke' dann Urheberrechte verletzen", lautet das Fazit von Solmecke.

3. Wer ist der Urheber der KI-Werke?

Ein Stück Software kann niemals Urheber sein, denn ohne das Zutun eines Menschen gibt es schon kein urheberrechtlich geschütztes Werk, erklärt Solmecke.

Steuert aber ein Mensch die Maschine lediglich wie ein Werkzeug, wäre er der Urheber. "Allerdings bezweifle ich, dass die bloße Eingabe von ein paar Textbefehlen bei ChatGPT & Co. als hinreichende 'Steuerung' durchgehen würde. Wenn die Maschine also die eigentliche Arbeit erledigt, wäre niemand der Urheber der KI-'Kunstwerke", so seine Einschätzung. Ein Urheberrecht kommt hingegen in Betracht, wenn der kreative Anteil des steuernden Menschen ausschlaggebend für das Werk war. "Ein Beispiel wäre, wenn man z.B. eine eigene Melodie vorgibt, welche die KI nur vertont, oder wenn man der KI so viele Vorgaben macht und so lange am Output bastelt, bis das Werk den eigenen Vorstellungen entspricht."

Die Entwickler der KI können keine Urheberrechte an dem Output ihrer Software erwerben. "Allerdings sind sogenannte Leistungsrechte als Tonträger-, Datenbank- oder Filmhersteller denkbar. Unabhängig davon sichern sich viele Anbieter frei zugänglicher KIs – z.B. Lensa – ein eigenes Nutzungsrecht an den mit ihrer Software geschaffenen Werken, etwa für ihre Sammelgalerien oder um sie wieder in die Datenbank zurückzusetzen", so Solmecke.

4. Was kann Unternehmern drohen, wenn sie sensible Daten bei ChatGPT freigeben?

Damit ChatGPT zum Beispiel Texte formulieren kann, benötigt es Vorgaben des Nutzers. Die eingegebenen Daten speichert die KI, um Antworten zu generieren. Bei der Eingabe sensibler Daten sollten Unternehmer aber vorsichtig sein. "Die Freigabe personenbezogener Daten bei ChatGPT ohne Einwilligung der Betroffenen oder gesetzliche Erlaubnis kann einen Verstoß gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) darstellen", sagt Solmecke. Und das kann Konsequenzen nach sich ziehen: Laut Rechtsanwalt drohe ein Anspruch der Betroffenen auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO sowie ein Bußgeld der Aufsichtsbehörde nach Art. 83 DSGVO.

5. Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen kann es für Mitarbeiter haben, wenn sie sensible Daten bei ChatGPT freigeben?

Auch ein Arbeitnehmer würde in diesem Fall gegen die DSGVO verstoßen. Das bedeutet auch eine Verletzung der Sorgfaltspflicht im Arbeitsverhältnis. "Bei einer solchen Verletzung kann eine Abmahnung als Zeichen dafür drohen, dass das Verhalten durch den Arbeitgeber nicht toleriert wird. Werden mehrmals Sorgfaltspflichten schwerwiegend verletzt, so droht sogar eine Kündigung", erklärt Solmecke.

6. Was ist, wenn der Unternehmer aufgrund von ChatGPT Falschinformationen verbreitet? Wer haftet dafür?

Die Haftung für die Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen wird von dem ChatGPT-Unternehmen ausgeschlossen. "Daher haftet in jedem Fall nur die Person bzw. das Unternehmen, welche(s) die falsche Information verbreitet", so Solmecke. Rechtlich relevant wird das beispielsweise bei Lügen über andere Personen, welche als üble Nachrede bzw. Verleumdung strafbar sein können. Außerdem können rufschädigende Informationen über Personen bzw. Unternehmen Schadensersatzansprüche auslösen. Unternehmen haften für falsche Informationen darüber hinaus beispielsweise nach dem Wettbewerbsrecht wegen Rufschädigung als Mitbewerber.

7. Welche Kontrollmechanismen sollten Unternehmen einführen, wenn sie Inhalte über ChatGPT produzieren?

ChatGPT wurde so programmiert, dass aus verschiedensten Quellen lernt und eine Antwort produziert, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die Fragestellung passt. Dadurch kann für die Richtigkeit der Ergebnisse aber nicht garantiert werden und – wenn überhaupt – sollten Texte nur mit Vorsicht übernommen werden. "Letztlich sollte natürlich immer ein Mensch, der sich selbst mit der Materie auskennt, den Text gegenlesen", rät Solmecke.

8. Dürfen Azubis ihr Berichtsheft mithilfe von ChatGPT schreiben?

Zur Pflicht von Auszubildenden gehört es, täglich ihr Berichtsheft zu schreiben. Es dient auch als Nachweis, um zur Abschlussprüfung zugelassen zu werden. Ist es rechtlich erlaubt, ChatGPT für diese Aufgabe zu nutzen? 

Nein. Denn ChatGPT würde als fremdes Hilfsmittel gelten, weshalb die Arbeit in der Ausbildung als ungenügend bewertet werden dürfte. "Grundsätzlich muss eine solche Arbeit selbstständig erbracht werden, da sonst ein schulrechtlicher Täuschungsversuch vorliegt", erklärt Christian Solmecke."Wurde eine eidesstattliche Erklärung zur selbstständigen Erarbeitung abgegeben, droht unter Umständen sogar eine Strafe nach § 156 StGB wegen falscher Versicherung an Eides Statt." Mittlerweile gibt es sogar Programme, die von ChatGPT erstellte Texte erkennen können. Dadurch lassen sich Täuschungen einfacher aufdecken.